Schaurausch, Tiefenrausch, Höhenrausch

von Thomas Philipp

Eine Reihe von Großprojekten geht aktuell mit Linz09 einher, die alle Disziplinen umfassen: (vgl. Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas OrganisationsGmbH)

• Theaterlust: interdisziplinäres und internationales Linz09-Theaterfestival in drei Akten (Schneesturm im Jänner/Februar 2009, Sonnenbrand von Juli bis September 2009)
• Best Of Austria: exzellente Kunstwerke im Lentos als Leihgabe aus über 30 österreichischen Museen, Sammlungen, Galerien, Stiftungen und Privatkollektionen
• Kulturbaden: Errichtung eines unkonventionellen Freizeit-, Spiel- und Badeorts in Ottensheim nahe bei Linz
• Subversivmesse: viertägige Messe für Gegenkultur und Widerstandstechnologien in der Linz09-Hafenhalle, realisiert vom Linzer Kunstkollektiv Social Impact
• Hörstadt: Interventionen in der Stadt zur Schärfung des Bewusstseins über Akustik im öffentlichen Raum, initiiert von Linz09 und Peter Androsch
• Der Heilige Berg: Linz09-Projekt mit Installationen und Skulpturen am und im Pöstlingberg, im April 2009 aufgrund finanzieller und organisatorischer Probleme abgesagt
• Extra Europa: Festival und Symposium über europäische Beziehungen, insbesondere fokussiert auf Norwegen, die Schweiz und die Türkei, initiiert und durchgeführt von Linz09
• Linz Europa Tour: dreigeteilte Reise des österreichischen Liedermachers Hubert von Goisern, donauabwärts und donauaufwärts (Linz Europa Tour East, Linz Europa Tour West, Linz Europa Hafenfest)
• Kulturhauptstadt des Führers: Ausstellung im Schlossmuseum zu Kunst und Nationalsozialismus in Linz und Oberösterreich, kuratiert von der Linzer Historikerin Birgit Kirchmayr
• 80+1: 81-tägige Veranstaltungsreihe des Ars Electronica Centers mit Aktionen, Interventionen, Performances, Lectures, Installationen, Ausstellungen und Konferenzen am Linzer Hauptplatz
• I Like To Move It move It: großes Schulprojekt von Linz09 zur Begegnung zwischen Schule und Kunst
• Circus: Linz09-Projekt mit rund hundert Aufführungen in einem Zirkuszelt zwischen Musik und Artistik

    Ein besonderes Projekt wurde und wird vom OK Offenen Kulturhaus Oberösterreich durchgeführt. In der Trilogie "Kunst in die Stadt!!" wurde bereits im Mai und Juni 2007 an verschiedenen Plätzen in Linz ausgewählte Kunst präsentiert. Im "Schaurausch" (Idee und Konzept: Martin Sturm und Paolo Bianchi) verwandelte sich dabei die Linzer Landstraße in eine Kunstmeile. Eröffnet wurde das Projekt am 10. Mai 2007, über 30 KünstlerInnen bespielten rund 50 Schaufenster, Fassaden und Passagen. Zu sehen waren dabei neben einer Vielzahl von Projekten von Studierenden der Bildhauerei/Transmedialer Raum an der Kunstuniversität Linz beispielsweise "Little Danny", eine fünf Meter hohe Hundeskulptur aus über 3.000 kleinen Dalmatinern des taiwanesischen Künstlers Peng Hung-Chih, ein unbetiteltes Werk des französisch-taiwanesischen Künstlers Michael Lin, bei dem dieser die Glasfassade des Linzer Einkaufszentrums "Passage" mit einem Kreuzstichmuster überzog oder eine Textintervention des österreichischen Grafikdesigners Stefan Sagmeister auf dem Linzer Casino (Money does not make me happy). Besonderes Aufsehen erregte ein zwölf Meter hoher Wasserfall aus Büchern der spanischen Künstlerin Alicia Martín, der sich aus einem Lesefenster einer Linzer Buchhandlung ergoss (Biografias). (vgl. OK Offenes Kulturhaus Oberösterreich 2007)

    Die Fortsetzung folgte von 30. Mai bis 31. Juli 2008. Der "Tiefenrausch" zeigte neben dem Museum der Unterwelten im OK, einer kulturhistorischen Ausstellung von unterweltlichen Phänomenen, eine spektakuläre Kunstschau unter dem Titel "Strom des Vergessens". In dieser Ausstellung im Aktienkeller, einer rund 3.000 Quadratmeter großen historischen Stollenanlage unter dem Botanischen Garten, wurden 25 Installationen und Videoarbeiten nationaler und internationaler KünstlerInnen präsentiert. Ausgestellt wurden u. a. eine Mehrkanal-Video-Web- und Fotoinstallation der kanadischen Videokünstlerin Vera Frenkel (body missing), eine mechanische Bodeninstallation der Linzer Künstlerin Renate Herter (Im Fluss), eine audiovisuelle Installation mit künstlichem Nebel, Blitzlicht und Subbassklängen des in Linz geborenen und in New York lebenden Künstlers Kurt Hentschläger (Zee) oder eine Installation mit einem Reiterstandbild des Diktators Franco, errichtet vom spanischen Künstler Fernando Sanchez Castillo.

    Einzelne Kanaldeckel auf der Landstraße wurden von StudentInnen der Kunstuniversität Linz (Bildhauerei/Transmedialer Raum sowie Raum- und Designstrategien) durch Plastikrohre ersetzt, visuell und akustisch bespielt und funktionierten somit als Verbindung zwischen den verborgenen Unterwelten und der Oberfläche. Außerdem wurde auf dem OK-Platz ein Turm mit 40.000 Liter Wasser aus dem Attersee gefüllt und BesucherInnen damit ermöglicht, mitten in der Stadt auf einen Tauchgang zu gehen. Rundgänge in die Stollenanlagen, durch die Krypten einzelner Linzer Kirchen sowie andere Stätten unter der Oberfläche rundeten das Projekt ab. Für Idee und Konzept verantwortlich zeichneten Martin Sturm, Genoveva Rückert und Rainer Zendron in Zusammenarbeit mit Brigitte Felderer, alien productions, Christoph Draeger/Heidrun Holzfeind, Renate Herter und Pepi Maier. (vgl. OK Offenes Kulturhaus Oberösterreich 2008)

    Abgeschlossen wird die Trilogie vom "Höhenrausch", bei dem zwischen Ende Mai und Ende Oktober 2009 Kunst über den Dächern von Linz zu erleben ist. Über das OK führt eine Holztreppe auf das Parkdeck und das Passagedach, die mit Stegen, Plateaus und Brücken miteinander verbunden sind. (vgl. OK Offenes Kulturhaus Oberösterreich 2009) Gezeigt werden in luftiger Höhe Arbeiten von 18 nationalen und internationalen KünstlerInnen, u. a. ein Luftblasenmann auf einem Heliumballon mit vier Metern Durchmesser (Bubble Man, Shih-Yung Ku/TWN), ein auf den Kopf gestellter, multifunktionaler Bauwagen (90° Kiosk, Andreas Strauss/A), ein kleiner Heilkräutergarten auf dem Dach des alten Ursulinenklosters (Mali Wu/TWN), ein umgefärbtes Riesenrad auf dem Dach des OK (Maider Lopéz/ESP), die Videodokumentation eines an 5.000 heliumgefüllten Luftballonen hängenden Aufstiegs bei der Eröffnung (Music in the Sky, Martin Music/A) oder eine Videoarbeit der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist (Open my Glade (Flatten)).

    In den Oberösterreichischen Nachrichten wurde die Eröffnung des Projektes sehr positiv kommentiert:

    Idee und Konzept stammten wiederum von Martin Sturm und Paolo Bianchi in Zusammenarbeit mit Brigitte Felderer.