Creative City

Linz ist eine leuchtende Linie

von Thomas Philipp

Seit Mitte der 1980er-Jahre spielt in der Stadtplanung und -entwicklung der Begriff der kreativen Milieus eine zunehmend bedeutendere Rolle. Die Forschungsgruppe GREMI (Groupe de Recherche Europèen sur les Milieux Innovateurs) definierte ein kreatives Milieu erstmals als

"[…] ein komplexes Netzwerk von hauptsächlich informellen sozialen Beziehungen innerhalb eines abgegrenzten geografischen Bereichs, die oftmals ein spezifisches Image nach außen und ein spezifisches Repräsentations- und Zugehörigkeitsgefühl nach innen bestimmen, welche die lokale Innovationsfähigkeit durch synergetische und kollektive Lernprozesse fördern."
(Camagni 1991, S. 3)

    Der Begriff der kreativen Milieus ist eng verbunden mit neueren Begriffen wie jenem der "Creative Class" (Florida 2002), der "Creative Cluster" (The New England Council 2000) und der "Creative City" (Landry/Bianchini 1995).

    Die Ansiedlung bzw. Etablierung von kreativen Milieus ist aus städtischer Perspektive aus mehrfacher Hinsicht von großer Bedeutung: sie sind tendenziell mit Zukunftsmärkten verbunden, ihnen wird eine hohe Wertschöpfung zugeschrieben, sie ergänzen die klassischen harten Standortfaktoren um weiche Standortfaktoren wie Kunst, Kultur oder Wissen und attraktivieren damit neue Unternehmen, aber auch neue kreative AkteurInnen und sie erzeugen positive Effekte durch die notwendige verstärkte Förderung der weichen Standortfaktoren (erhöhte Lebensqualität, höheres Bildungsniveau, kulturelle Reflexion und Identität, …).

    Wenn es in Linz um Kreativität und kreative Milieus geht, wird - neben der Kunstuniversität und der Ars Electronica - vor allem die Freie Szene beschworen. Mit ihrer langen Tradition seit den 1980er-Jahren (subkulturelle Bewegung der Stadtwerkstatt und der KAPU) und dem Auftreten neuer Initiativen seit Mitte der 1990er-Jahre (Stadtteilkulturarbeit mit Kunstraum Goethestrasse, migrantische Kulturarbeit mit MAIZ oder Medea, experimentelle Kunst mit Time's Up, Social Impact oder qujOchÖ, interdisziplinäre Ansätze mit transpublic oder Fabrikanten, Medieninitiativen mit Radio FRO oder servus.at) ist die Freie Szene zu einem wichtigen Faktor in der kulturellen Entwicklung der Stadt geworden.

    Unterentwickelt ist hingegen die Förderung des wirtschaftlich orientierten Kreativpotenzials in der Stadt. Die Diskussion um die Kreativwirtschaft (Design, Architektur, Grafik, Mode, Film, ...), die andernorts seit Jahren intensiv geführt wird, kam in Linz erst in den letzten zwei bis drei Jahren an. Aktuelles Beispiel ist die Frage der Nutzung der alten Tabakfabrik, die Ende 2009 ihre Produktion einstellt. Das großflächige Areal soll nach den Wünschen der politischen EntscheidungsträgerInnen insbesondere für kreativwirtschaftliche Zwecke genutzt werden.



Camagni, Roberto, Introduction: from the local "milieu" to innovation through co-operation networks, in: ders. (Hrsg.), Innovation networks: spacial perspective, 1991

Florida, Richard, The Rise of the Creative Class … and how it's transforming work, leisure, community & everyday life, Basic Books, New York 2002

Landry, Charles, Bianchini, Franco, The Creative City, Demos Publishers, London 1995

The New England Council, The Creative Economy Initiative. The Role of the Arts and Culture in New England's Economic Competitiveness, Boston 2000