Cobain in Linz
Cobain in Linz
von Lydia Thanner und Andre Zogholy
In der Linzer KAPU traten am 20. November 1989 zwei Bands aus dem US-Bundesstaat Washington auf: TAD und Nirvana. Für Nirvana war der Auftritt in der KAPU die 18. Station ihrer Europa-Tournee. Insgesamt sollten es 36 Auftritte innerhalb von 42 Tagen sein.
Die mediale Aufmerksamkeit für TAD oder Nirvana war zu dieser Zeit gering. Am 14. November 1989 kündigten die Oberösterreichischen Nachrichten den Konzertermin an, der Bandname war mit "Nirwana" allerdings falsch geschrieben. (vgl. Oberösterreichische Nachrichten vom 14. November 1989, S. 9) Vergleichsweise umfangreich berichtete der Standard am 21. November 1989 über die gemeinsame Tournee von TAD und Nirvana als Aushängeschilder des Sub Pop-Labels aus Seattle:
(der Standard vom 21. November 1989, o. S.)
Zwei Jahre später gelang der Band Nirvana mit ihrem zweiten Album Nevermind (1991) und der Auskoppelung Smells Like Teen Spirit der weltweite Durchbruch. Der legendäre Sänger und Songschreiber Kurt Cobain beging 1994 Selbstmord und gilt nach wie vor als Stil-Ikone.
Der Videomitschnitt des Auftritts von Nirvana in der KAPU ist nach wie vor auf der Internetplattform YouTube anzusehen und Kommentare zu lesen:
sweetleafsman (vor 1 Jahr): The scene and feeling that was grunge Kurt took to the grave with him, I was there to witness the Nirvana boom kick off, They took Mudhoney's glory though. Amen. Kurt was god........... [...]
delacerdaa (vor 1 Jahr): WOW!! thanks for sharing this video with us I FUCKING LOVE IT!! rest in peace Kurt we miss you Mexico loves you [...]
evieevil22 (vor 1 Jahr): I love performing at the Kapu in Linz. What a great video!
Hugh69 (vor 1 Jahr): there's alot of luv here! this is the Heavy Duty Shit! [...]"
(YouTube o. J.)
Unter dem tragenden Titel "Eine Macht, schwerer als der Himmel" erinnerte am 16. November 1999 FRITZ, das Webmagazin der Salzburger Nachrichten, an den Nirvana-Auftritt zehn Jahre zuvor:
(Flieher 1999, o. S.)
Dieses Ereignis stand stellvertretend für Kulturarbeit abseits des Mainstreams, die in Linz auch eng mit der KAPU verknüpft ist. Die Gründung des Kulturvereins KAPU als Linzer Zentrum alternativer Jugendkultur und Konzertveranstalter von Punk, Rock, Hardcore oder HipHop datiert ins Jahr 1984. Von Beginn an setzte die KAPU auf Selbstverwaltung. Entscheidungen traf und trifft die Betriebsgruppe im Kollektiv.1 Zu Beginn war die KAPU ein von der Sozialistischen Jugend (SJ) anfangs traditionell, später offen geführtes Jugendzentrum.2 So fand die Punkszene ihren Platz und übernahm schrittweise die Verantwortung für die heutige KAPU:
(Kump 2007, S. 125)
(ebd., S. 125)
Auch eine Vielzahl von Bands wie Johnny & The Four Ois, Der Verfolgte Kanaldeckel oder Die Feuerlöscher gründeten sich damals im KAPU-Umfeld. (vgl. Pichler 2006) Punk differenzierte sich, neue und radikalere Formen wurden gefunden und Hardcore gewann an Bedeutung. Es entstanden Bands wie Target of Demand (1986 - 1990) oder Stand to Fall (1987 - 1994). Aus Seven Sioux (1988 - 1993) formierten sich später Schwester (1993 - 1994). Weitere Bands im KAPU-Umfeld waren Ex Machina (1990 - 1994) oder Deadzibel (1990 - 2004). (vgl. Krispel 1996, vgl. Pichler 2006, vgl. Kump 2007, vgl. SR-Archiv österreichischer Popularmusik o. J.) Abgesehen davon entwickelten sich Strömungen wie etwa Hip Hop. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang unter anderem das Label TONTRÄGER-RECORDS mit Bands wie Texta, Die Antwort, Rückgrad oder Markante Handlungen. Im Milieu der Linzer Musikszene - und somit auch im KAPU-Umfeld - enstanden weitere Bandprojekte wie die nach wie vor aktiven und Österreichweit bekannten Bands Fuckhead (seit 1988), Shy (seit 1991), Attwenger (seit 1991), Wipe Out (seit 1992), Texta (seit 1993) und Valina (seit 1995).
Das Programm der KAPU ist auch aktuell vielschichtig und reicht von Diskussionen über Ausstellungen und Vorträgen bis hin zu Filmvorführungen und Aktionen im öffentlichen Raum. Einen Ausschnitt bietet der Rückblick auf das Jahr 2007 in der KAPUzine im Jänner 2008:
(Pilsl 2008)
Immer wieder stand und steht die KAPU vor finanziellen Engpässen. Ende des Jahres 2004 war das Budget defizitär, finanzielle Förderungen wurden von der öffentlichen Hand in zu geringem Ausmaß gewährt. Eine BENEFIZ-Reihe wurde gestartet und zahlreiche KünstlerInnen und Bands beteiligten sich. Eine kurzfristige Förderung der Stadt Linz sicherte das Fortbestehen. (vgl. Bogendorfer 2005, S. 2) Im Jahr 2006 waren die Arbeitsbedingungen in der KAPU erneut von finanzieller Unsicherheit geprägt.(vgl. Kulturverein KAPU 2006) Nicht zufällig lautete der Schlußsatz im Jahresrückblick auf das Jahr 2007 "Und wir machen immer noch weiter" (Pilsl 2008). Ein Schicksal, das die KAPU mit anderen Initiativen der Kunst-, Kultur- und Musikszene teilt.
2 Ende der 1990er-Jahre verschlechtert sich das Verhältnis zwischen dem Kulturverein KAPU und der Sozialistischen Jugend. Als Konsequenz zog die SJ aus (2000) und FIFTITU%, die Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ, richtete von 2001 bis 2007 ihr Büro in der KAPU ein.
abrufbar unter http://www.kapu.or.at, Zugriffsdatum: 16. Mai 2009
der Standard, "Tad", "Nirvana", "Young Gods" auf Österreichtournee - Das Zauberwort heißt Rock, groß- und fettgedruckt,21. November 1989
Flieher Bernhard, "Eine Macht, schwerer als der Himmel", Salzburger Nachrichten, FRITZ, 16. November 1999, Salzburg 1999,
abrufbar unter http://www.salzburg.com/jugend/musik02/stories/nirvana_ph.html, Zugriffsdatum: 16. Mai 2009
Krispel, Rainer, "11 Jahre KAPU. 85 - 96. Geschichte", Kulturverein KAPU (Hrsg.), HILLINGER, Nr. 9/96, Linz 1996,
abrufbar unter http://www.servus.at/hillinger/1996/1096/11jahre/geschichte.html, Zugriffsdatum: 16. Mai 2009
Kulturverein KAPU, KAPU, Linz 2009,
abrufbar unter http://www.kapu.or.at, Zugriffsdatum: 16. Mai 2009
Kulturverein KAPU, Zur finanziellen Situation der KAPU. Eine Pressemitteilung der KAPU vom 23. November 2006 zur aktuellen Situation des Kulturvereins, Linz 2006,
abrufbar unter: http://www.kupf.at/node/1255, Zugriffsdatum: 16. Mai 2009
Kump, Andreas, Es muss was geben. Die Anfänge der alternativen Musikszene in Linz, publication PN°1 Bibliothek der Provinz, Weitra 2007
Oberösterreichische Nachrichten, Termine, 14. November 1989, S. 9
Pichler, Christian, "Freie Szene: KAPU", Stadtwerkstatt (Hrsg.), Versorgerin, #69, Nr. 3/06, Linz 2006,
abrufbar unter http://www.servus.at/VERSORGER/69/main.html, Zugriffsdatum: 16. Mai 2009
Pilsl, Klemens, "einen moment noch, bitte: 2007", KAPU (Hrsg.), KAPUzine, Nr. 1/08, Linz 2008, abrufbar unter http://www.kapu.or.at, Zugriffsdatum: 16. Mai 2009
SR-Archiv österreichischer Popularmusik, Bands (Archiv), Wien o. J.,
abrufbar unter http://www.sra.at/bands, Zugriffsdatum: 15. Mai 2009
Wikipedia, KAPU, 2009,
abrufbar unter http://de.wikipedia.org/wiki/Kapu, Zugriffsdatum: 16. Mai 2009
YouTube, NEGATIVE CREEP -Nirvana live@kapu,Linz [part13] 11/20/89,
abrufbar unter: http://www.youtube.com/comment_servlet?all_comments&v=uINmUvusqlU&fromur..., Zugriffsdatum: 1. Juni 2009